Wie trainiere ich Ultralauf?
- Nazli Hacibayramoglu
- 20. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Die Vorbereitung auf einen Ultralauf (Ultra-Marathon) ist alles andere als trivial und lässt sich nicht pauschal beantworten, da die Voraussetzungen und Ambitionen der Läuferinnen und Läufer und die Anforderungen der Rennen sehr unterschiedlich sind. So wie jemand, der den Marathon in 4 Stunden schaffen möchte, anders trainiert als jemand, der den Marathon in 3 Stunden absolviert, muss auch eine ambitionierte Ultraläuferin, der ein Zeitziel oder eine Platzierung verfolgt, anders trainieren als ein Ultranovize, der bloß ankommen möchte.

Zudem unterscheidet sich das Training für einen 6-Stunden-Lauf auf der Tartanbahn sehr von einem 100-Meilen-Traillauf durch die Alpen. Während der Trainingsplan für einen flachen 50-Kilometer-Lauf dem eines Straßenmarathons ähnelt, sieht die Sache für einen Traillauf über dieselbe Distanz schon anders aus. Grundsätzlich gilt: Da die Wettkampfstrecke länger als bei einem Marathon ist, sollten auch die Trainingsdistanzen länger sein.
Ihr Hauptaugenmerk sollten Sie daher auf eine Steigerung Ihres Kilometerumfangs legen – insgesamt, aber auch, was die Länge des langen Laufs betrifft. Lange Läufe sind – wie beim Marathon – die wichtigsten Einheiten in der Vorbereitung auf einen Ultra. Im Idealfall absolvieren Sie in der 12- bis 16-wöchigen Vorbereitung 8 lange Läufe. Der längste lange Lauf in der Vorbereitung auf den Ultra sollte mindestens die Hälfte der anvisierten Ultradistanz umfassen. Wollen Sie also an einem 100-Kilometer-Lauf teilnehmen, sollten Sie im Training mindestens einmal 50 Kilometer gerannt sein und sich dieser Trainingsdauer über mehrere Wochen genähert haben.
Beim langen Lauf ist die Dauer entscheidend, nicht das Tempo
Scheuen Sie – je nach Leistungsstand und Gelände – keine Gehpausen. Was zählt, ist beim langen Lauf weniger das Tempo als vielmehr die Zeit auf den Beinen. Selbst, wenn Sie sich nur langsam fortbewegen, gewöhnen sich Kopf und Körper daran, lange Zeit unterwegs zu sein. Eventuell nutzen Sie Marathons oder kürzere Ultras als Trainingsläufe, allerdings sollten Sie bei diesen keinesfalls voll, also mit maximaler Anstrengung laufen, sondern weit hinter Ihren tatsächlichen Möglichkeiten bleiben.
Back-to-Back-Einheiten
Ambitionierte und erfahrene Ultraläufer absolvieren häufig sogenannte Back-to-Back-Einheiten. Dabei laufen sie an zwei oder mehr aufeinanderfolgenden Tagen lange Distanzen, beispielsweise 30 Kilometer am Samstag und 50 Kilometer am Sonntag. Der zweite Lauf findet so mit einer Vorermüdung statt und simuliert somit körperlich und mental das fortgeschrittene Stadium bei einem UItralauf. Da diese Form des Trainings aber sehr belastend ist und das Risiko einer Verletzung deutlich erhöht, sollte man diese Trainingsform mit Vorsicht genießen.
Ins Ultratraining gehört auch Tempotraining
Oft finden Sie den Rat, dass man in der Vorbereitung auf einen Ultralauf jegliche Tempobelastungen vernachlässigen kann. Das ist falsch! Wer einen Ultra, gerade die kürzeren und flacheren, auf Zeit oder Platzierung laufen möchte, muss dafür auch an seinem Tempo arbeiten. Zur Veranschaulichung: Bei Deutschen Meisterschaften über 100 Kilometer bleibt der Sieger meist unter 7 Stunden, was bedeutet, dass er eine Pace von 4:12 Minuten pro Kilometer laufen muss. Bei seinem Weltrekord über diese Distanz (6:09:14 Stunden) lief der Japaner Nao Kazami mit einer Pace von 3:42 min/km. Ein Tempotraining (Intervalltraining oder Fahrtspiel) dient überdies nicht ausschließlich dem Zweck, schneller laufen zu können. Tempotraining verbessert nämlich auch die Laufökonomie, verringert also den Sauerstoffverbrauch bei einem bestimmten Tempo.
Wenn sich für das Ultralauf-Training ein Leitsatz formulieren lässt, ist es dieser:
Für einen Ultralauf ist ein möglichst spezifisches Training entscheidend. Damit gemeint ist, den Bedingungen des Wettkampfes im Training möglichst nahe zu kommen. Wer einen lange Wettkampfdistanz laufen möchte, muss auch im Training lange laufen. Wer in den Bergen läuft, sollte sich auch so viel wie möglich in den Bergen vorbereiten. Wer einen flachen Ultra läuft, sollte möglichst viel flach laufen – wobei auch hier Hügelläufe Kraft und Dynamik in den Laufschritt bringen.
Die Vorbereitung auf den ersten Ultra umfasst mindestens drei bis vier Monate. In diesen Monaten bauen Sie über Wochen Ihr Laufvermögen, was die Streckenlängen betrifft, aus. Aber achten Sie auch auf Regenerationswochen, in denen Sie die Umfänge reduzieren und keinen (extrem) langen Lauf durchführen.
Das Thema Kraft- und Stabilisationstraining ist für Ultraläufer übrigens noch wichtiger als für andere Läufer. Durch die längere Laufzeit ermüdet die Muskulatur stärker – nicht nur in den Beinen. Macht nach Stunden der Rücken schlapp, leidet der Laufstil, was wiederum andere Probleme nach sich ziehen kann.
Autoren: Martin Grüning,Henning Lenertz
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